Was soll das eigentlich mit dieser Technomusik?


Sehr oft habe ich mit Leuten geredet, die von Musik sehr viel mehr verstehen als ich, mit elektronischer Musik aber überhaupt nichts anfangen können. Verzweifelt habe ich ihnen versucht nahezubringen, worum es bei dieser Musik eigentlich geht. Hier also ist ein weiterer Versuch.


Vergiss erstmal alles, was du über Musik weißt! Ein bloßes Zuhören genügt bei dem Verständnis von Techno nicht. Technomusik muss man erleben – zwischen tausend schwitzenden Leibern auf einer großen Tanzfläche, die sich unter stampfenden Füßen und donnernden Bässen zu heben beginnt. Techno muss man definitiv auf einer großen und guten Anlage hören. Die Töne und Bässe müssen die Luft erschüttern. Sie müssen durch Mark und Bein gehen. Techno ist eine physische Erfahrung. Jede einzelne Zelle in deinem Körper wird durch Luftschwingungen in eine gleichmäßige Bewegung versetzt.

Zudem ist Techno keine Musik, die traditionell in einem Klangkörper entsteht, sondern sie ist elektronisch erzeugt und sie hat die Bewegung von Stromflüssen zur Ursache. Strom wird durch verschiedene Bauteile verändert und umgeleitet, in Schwingungen oder Impulse verdichtet, bis sie schließlich durch das Soundsystem in Schallwellen übertragen werden.


 
Das allein ist schon ein faszinierender Prozess, wie ich finde. Elektronenschwärme schießen durch Leiter und Platinen der Maschinen und erzeugen in ihrem gleichbleibendem Kreislauf ein selbstorganisiertes System einer gesteuerten mikroskopischen Massenbewegung. Ein Dröhnen, ein Knallen, ein Knacken, ein Fiepen, ein Hauchen, ein Summen, ein Brummen. Sie alle entstehen in anderen Teilen des DJ-Pults, werden auch meist als einzelne Lines wiedergegeben und werden erst im Hirn des Zuhörers zu einem System höherer Ordnung zusammengefügt. Das fördert die Kreativität, da man für gewöhnlich mehr hört, als eigentlich da ist. Die Musik ist schneller als der Körper, der träge versucht der Technik hinterherzukommen. Man kann zu elektronischer Musik nicht tanzen, wenn man nicht versucht seine eigene Line zu finden, indem man Teile der Musik einfach wegkürzt oder teilweise ausblendet.

Techno wirkt meiner Meinung nach mehr als jede andere Musik in erster Linie unterbewusst. Die gleichmäßigen Takte sind wie Gebetsformeln, sie sind wie sich ständig wiederholende Mantras, die dich gerade durch das Offenbar-Werden ihres inneren Zykluses in eine Art Trance halten. Das ist so etwas wie elektronisch erzeugte Marschmusik, die aber nicht versucht menschliche Schritte darzustellen und den Marsch anzugeben, sondern das Treten auf der Stelle – der Tanz wird zu einer individuellen Bewegung um sich selbst und führt zu einer Form von Meditation, zu einem Ausdruck von Freiheit. Zu Technomusik kann man nämlich auch nicht falsch tanzen. Es ist einfach alles möglich. Man kann alles und man darf auch alles. Das ist auch das Witzigste daran. Es ist deiner Fantasie überlassen, welche Töne du dir herauspickst und in eine Bewegung umsetzt.


Die Musik lässt den Raum erbeben und erschafft somit eine Eizelle geordneten wie chaotischen Treibens. Du kannst dich darin immer auf die gleichmäßigen Rhythmen verlassen, die teilweise vielleicht etwas monoton erscheinen, die aber dennoch Spaß machen, weil sie erspürbar sind. Man kann die Übergänge fühlen, bevor sie da sind. Man fühlt sie wenige Momente bevor sie passieren, auch wenn eigentlich alles passieren könnte, weiß man, dass ein Höhepunkt kurz bevorsteht – das ist wie bei einem Orgasmus – und diese Höhepunkte sind wie Orgasmen, die aneinandergereiht, alle Anwesenden an einer anhaltenden Orgie teilhaben lässt und ihnen einen kollektiven, zeitgleichen Orgasmus beschert. Das sind Glücksgefühle einer neuen Größenordnung. Das Mischpult wird unter der Hand des Meisters zur Schaltfläche von Gefühlen, von Ekstase, von Ordnung und Chaos, von Zuspitzung und konzentrischen Kreisen, die die Leiber vor ihm in ständiger Bewegung halten.

Die innere Bewegung der Zellen, die elektronische Reizüberflutung, der voranschreitende Marsch, die kollektive Trance – das alles führt vor allem in Verbindung mit chemischen Drogen zu ungeahnten Höhenflügen und ins Endlose führenden Ausschweifungen. Drogen sind sowieso total wichtig, um elektronische Musik zu verstehen. Ich weiß auch gar nicht, warum ich sie er jetzt erwähne, schließlich habe ich früher mit Trance-Musik zum Beispiel überhaupt nichts anfangen können, bis ich mir Ecstasy geklinkt hatte und mir anschließend das Spektakel reinzog. Da erst habe ich begriffen, dass Trance letztlich nur die Wirkung von Ecstasy abzeichnet. Es ist quasi die Musik zum Film. Die ganzen Hoch- und Tiefs waren mir früher einfach zuviel gewesen, aber mit ein bisschen Ecstasy macht das nun endlich alles Sinn. Ich kann es nur empfehlen. Es ist wirklich ein Erlebnis – ja generell bildet elektronische Musik in Verbindung mit chemischen Drogen eine direkte Schnittstelle zum auf elektro-chemischen Prozessen funktionierendem Nervensystem. Es ist die Musik der Maschinenelfen, die uns durchdringt und uns für kurze Zeit zu einer anderen hybridartig, cyborgisierten Spezies verwandelt, die das menschliche Dasein in erster Linie als ein emotionales Ineinanderwirken begreifen lässt. Auf dem Dancefloor kann man eine emotionale Erleuchtung erlangen oder eben auch total verblöden. 

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Vielen Dank für den Artikel
jemand verwendet, um ihre trance samples?
https://www.lucidsamples.de/hands-up-samples-packs/295-complete-hands-up-2.html