A u s   d e r   R u b r i k 

Menschen, die es gar nicht geben sollte


Vom Kannibalen zum Restaurantkritiker

 


Issei Sagawa ist in Japan schon längst Trend. Obwohl der nekrophile Menschenfresser seine Tat gestand, war er seit jeher auf freiem Fuß. Dass er zudem noch zum gefeierten Superstar aufsteigen konnte, ist sogar für japanische Verhältnisse absurd. Grund genug ihn in unsere Rubrik „Menschen, die es gar nicht geben sollte“ aufzunehmen.



Die britische Band The Stranglers inspirierte er zu ihrem Album La Folie. The Rolling Stones widmeten ihm den Song Too much Blood. Man kann ihn in diversen Pornofilmen bestaunen, im Fernsehen Interviews mit ihm sehen. Manche Leute lesen sogar seine Bücher und Restaurantkritiken. Selbst in dem Spielfilm The Bedroom von 1992 hat er mitgespielt und das obwohl er die ganze Zeit den sexuellen Appetit in einen jungen Frauenkörper zu beißen hatte, wie er selbst sagt.
Der 1949 in Kobe geborene Japaner hatte nach eigenen Aussagen bereits in der ersten Klasse den Hang zum Kannibalismus verspürt, der ihn von nun an verfolgte. Ein späteres Faible für europäische Frauen trieb ihn schießlich nach Paris, wo er an der Sorbonne Universität Englische Literatur studierte. Der sonst sehr schüchterne Student baute schrittweise eine Freundschaft zu einer jungen Mitstudentin auf, der Niederländerin Renée Hartevelt. Sagawa behauptet, dass er sie eigentlich gar nicht töten wollte, doch wie sonst sollte er an ihr köstliches Fleisch herankommen?
Er lud sie deshalb zu sich nach Hause ein, unter dem Vorwand einige englische Gedichte auf Tonband aufzunehmen. Dann schlich er sich von hinten an sie heran und schoss ihr mit einem Jagdgewehr in den Hinterkopf. Er fing sogleich an sie in ihre Pobacken zu beißen (zunächst noch mit Hilfe seiner Zähne), dann schnitt er einige Stücke heraus, aß sie roh. Anschließend verging er sich an dem Leichnam, schnitt noch einige Stücke aus ihr und verstaute sie im Kühlschrank. Sagawa erfüllte sich damit einen Lebenstraum, wie er selbst sagt, auch wenn ihn die Polizei am nächsten Tag festnahm.
Allerdings wurde er bereits nach 34 Monaten aus der Untersuchungshaft von Frankreich nach Japan abgeschoben. Das veranlasste sein schwerreicher Vater, der Großindustrielle Akira Sagawa. Weil Issei als Geisteskranker in Frankreich kein Prozess bekam, betrat er Japan als freier Mann mit der Bedingung, dass er französischen Boden nie wieder berühren würde. Um keinen Skandal auszulösen, ließ er sich unmittelbar nach Ankunft freiwillig in eine Psychiatrie einweisen, aus der er sich dann 15 Monate später selbst entließ.
Gerade einmal zwei Jahre nach seiner Tat veröffentlichte er 1983 sein Buch In the Fog, das sein Verbrechen in allen Einzelheiten beschreibt. Bis heute folgten 18 weitere Bücher, die sich alle um das Thema des Kannibalismus drehen. Zudem schreibt er regelmäßig für einige Zeitschriften, dabei vorwiegend als Restaurantkritiker. Prädestiniert dafür ist er wohl aufgrund seiner detaillierten Beschreibungen der Menschenfleischzubereitung in seinen Büchern: „Zunächst probiere ich ein Stück rohen Muskel. Es zerfließt in meinem Mund wie ein perfektes Stück Thunfisch.“ Oder weil er sich auch sonst gerne ausmalt, wie man es am besten zubereiten müsste: „Sukiyaki“ oder „Shabu Shabu“ verkündet er im Interview, also in dünnen Scheiben.
So spricht er stolz über seine Tat, zeigt keine Reue. Am Faszinierendsten dabei ist, wie er sie als das Normalste der Welt darzustellen weiß, als Neigung, als harmlosen Fetisch. Gern zitiert er dafür auch den französischen Schriftsteller George Bataille, für den der Kuss den Anfang des Kannibalismus darstellte. Dann hängt Issei an, er wolle gerne eine Japanerin verspeisen.

 

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